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Ferdl Klement zeigt das Pendel einer Glocke. |
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Bericht und Bilder: Lisa Brem
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Prackenbach.
Eine Stiege nach der anderen, vorsichtig, trotzdem ein klein wenig unter Zeitdruck, „denn in einer viertel Stunde wird es da oben ganz schön eng und ungemütlich laut!“ Dann läuten die Glocken zur
vollen Stunde. Der fitte 70-Jährige klettert gekonnt die „Treppe“ des Prackenbacher Kirchturms hinauf, die mehr einer Leiter gleicht. Ferdl Klement, Kirchenpfleger und vieles mehr, kennt den Glockenturm gut und weiß einiges darüber zu
berichten.
Vier Glocken befinden sich hier oben, im engen Turm. Umgeben von massiven Holzbalken und allerhand im Vergleich dazu filigran wirkenden Zahnrädern und Mechanismen. „Drei seit 1949, eine seit 1968“,
weiß Klement. 1204 Kilogramm wiegt die größte, 663, 452 und 290 Kilogramm die kleineren. Geweiht sind sie der Größe nach dem Schutzpatron der Pfarrkirche, dem Heiligen Georg, der Heiligen Dreifaltigkeit, der Heiligen Mutter Gottes und dem
Heiligen Paulus. Auch mit dazu passenden Prägungen wurden die riesigen Bronzeglocken versehen. „Sie sind gestimmt mit den Tönen E, G, A und C.“ Über die Motive und Schriftzüge habe damals eigentlich nur einer entschieden. Die
Kirchenverwaltung habe zwar den Beschluss fassen müssen, doch ausschlaggebend sei zu dieser Zeit der Pfarrer gewesen. „Einen Pfarrgemeinderat gab es noch nicht“, erklärt der Kirchenpfleger.
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Das Prinzip der Läuteanlage hat sich über die Jahrzehnte nicht verändert. |
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Glocken sind „fast unkaputtbar“
An das Fest 1968, als die vierte und kleinste Glocke hinzu kam, könne auch er sich noch wage erinnern. „Bei solchen Ereignissen war von Haus aus die ganze Pfarrei auf den Beinen und auch wir Kinder waren
grundsätzlich mit dabei“, denkt er zurück. „Ich gehe davon aus, dass die Glocke damals mit einem Flaschenzug platziert worden ist.“ Ein Kran oder Ähnliches sei jedenfalls nicht dabei gewesen.
Auf die Frage, ob denn absehbar sei, wann wieder neue Glocken gebraucht würden, antwortet der Kirchenpfleger schmunzelnd: „Die sind fast unkaputtbar!“ Von Zeit zu Zeit würde das Pendel gewechselt.
Auch das Leder an der Halterung sei vor Abnutzung nicht gefeit. „Aber die Glocke selbst wird so ziemlich alles überdauern.“ Das ist auch gut so. Denn was ein Austausch in der heutigen Zeit kosten würde, sei ein Vielfaches von damals. Schon in
der Zeit von 1949 bis 1968 war das so: Rund 6000 Deutsche Mark kosteten die drei großen Glocken zusammen, die kleinste nur 20 Jahre später alleine rund 4500.
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Das Pendel und die Halterung aus Leder können sich im Lauf der Zeit abnutzen, die Glocke selbst ist laut Klement „unkaputtbar“. |
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Im Krieg für Munition eingeschmolzen
Auch vor 1949 gab es natürlich Glocken in der Prackenbacher Kirche. Doch die fielen während des Zweiten Weltkrieges einem anderen Zweck zum Opfer. Sie wurden eingeschmolzen, um Munition herzustellen. Aus
der Zeit des Ersten Weltkrieges sei nichts Ähnliches bekannt. „Damals wurde noch viel von der Kirche gehalten, anders als im Nazi-Wahn, da war alles egal. Ich glaube nicht, dass jemand sich vorher getraut hätte, die Glocken anzutasten“, sagt
Klement und man sieht ihm an, wie sehr er dieses Vorgehen bedauert.
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Dort hinauf geht es zu den Kirchenglocken. |
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Leichenhaus könnte erste Kirche gewesen sein
Aufzeichnungen aus noch früherer Zeit gebe es keine. Der Kirchenpfleger greift das Geländer und macht sich auf den Weg nach unten. Doch die ersten Glocken seien sehr klein gewesen. Das heutige
Prackenbacher Leichenhaus könnte die erste Kirche, eher eine Kapelle, gewesen sein. Die heutige Sterbeglocke war damals die einzige. Dorthin führt der nächste Weg. Zur Leichenaufbahrung sei das Gebäude erst 1947 umfunktioniert worden. Klement
nimmt die letzten Stiegen und erklärt: „Zuvor wurden die Leichen ja im Wohnhaus aufgebahrt und auch dort der Rosenkranz gebetet. Sie lagen auf dem Sterbebrett und wurden zu Hause eingesargt.“ Am Tage der Beerdigung seien die Verstorbenen mit
einem Pferdefuhrwerk vom Wohnhaus abgeholt und zur Kirche gefahren worden. Der Leichenzug sei von Priester, Ministranten und der Trauergemeinde begleitet worden, die den Rosenkranz beteten. „In der Kirche wurde dann das Requiem für den
Verstorbenen gefeiert und anschließend wurden die Toten auf dem Friedhof bestattet.“ Nach ein paar Schritten über den Friedhof kommt der 70-Jährige am Leichenhaus an und zeigt eine Jahreszahl über der Tür: 1956. Aus Recherchen wisse er, dass
damals der Anbau am Grundstock massiv geworden sei. Zuvor habe es sich um einen Holzverschlag zur Aufbewahrung der Geräte gehandelt.
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Das heutige Leichenhaus mit der Sterbeglocke könnte die erste Kirche gewesen sein, wie Klement glaubt. Aufzeichnungen gebe es dazu keine. |
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Mesner läutete früher dreimal täglich per Hand
Eine weitere Station hat der kleine Rundgang: Die Sakristei. Dort befindet sich etwas Ausschlaggebendes für das Glockengeläut. Ohne elektrische Läuteanlage müsste wie früher an Stricken gezogen werden. Damals lag alles in der Hand des Mesners.
„Das Angelus-Läuten dreimal am Tag, das es auch heute noch gibt, bestimmte in früheren Zeiten das ganze Dorfleben und den Tagesrhythmus der Leute. Uhren hatten die wenigsten zu Hause“, so Klement. Um 6 Uhr wurde beziehungsweise wird der Tag
angeläutet (in der heutigen Zeit in Fremdenverkehrsorten um 7 Uhr), um 12 Uhr die Mittagszeit und je nach Jahreszeit am Abend von 17 bis 21 Uhr der Feierabend. Dazu musste früher der Mesner die Glocken mit Stricken in Bewegung bringen, schildert
er. Auch die alte Turmuhr habe wie damals üblich mit Gewichten funktioniert und musste regelmäßig aufgezogen werden.
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Auch das Uhrwerk der alten Turmuhr musste damals immer wieder aufgezogen werden. Es ist im Glockenturm gelagert. |
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Entschädigung durch sogenanntes „Läutegeld“
Als Entschädigung habe der Mesner dafür sogenanntes „Läutegeld“ erhalten, das zusammen mit dem damaligen „Kirchenobolus“ von der Bevölkerung um Ostern herum eingesammelt worden sei. „Als Buben haben auch wir noch während den
Schülermessen die Glocken geläutet“, erinnert er sich. Mit der vierten Glocke kam 1968 die Modernisierung in die Prackenbacher Pfarrkirche Sankt Georg. „Am Prinzip hat sich seitdem aber nichts geändert“, so Klement. In der heutigen Zeit
läuten die Glocken per Knopfdruck, das „Angelus-Läuten“ wie auch das viertelstündliche erfolgt automatisiert. „Das Tableau wurde 1990 nochmal erneuert, bis dahin waren es Schalter. Doch an der Technik hat sich wieder nichts verändert.“
Auch die Zeiten, zu denen die Glocken erklingen, seien größtenteils gleich. Morgens, mittags und abends läuten zwei Glocken abwechselnd. Zu feierlichen Anlässen oder dem „Zusammenläuten“ für den Gottesdienst erklingen alle vier Glocken.
Für die Angabe der Zeit jede viertel Stunde schlägt die „Dreifaltigkeitsglocke“ ein, zwei, drei oder vier Mal. Zur vollen Stunde wird danach die Zeit durch die dem Kirchenpatron Sankt Georg geweihten große Glocke angezeigt. „Sie schlägt
auch jeden Freitag um 15 Uhr, also zur Sterbestunde Jesus Christus, und läutet jeden Samstag um 14 Uhr den Feierabend und somit den Sonntag ein“, erklärt der Kirchenpfleger. Dies könne jedoch von Region zu Region unterschiedlich sein.
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Klement zeigt das Tableau für die Läuteanlage. Per Knopfdruck werden die Glocken eingeschaltet. Vieles verläuft mittlerweile automatisiert. |
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Morgen Mittagsläuten im Radio
Freudig erzählt er zum Abschluss, dass die Prackenbacher Glocken am morgigen Sonntag um 12 Uhr in ganz Bayern zu hören sein werden: im Radio, beim Mittagsläuten auf Bayern 1 und BR Heimat. Vor Kurzem sei der BR vor Ort gewesen und habe
Tonaufnahmen dafür gemacht. „Es werden sich wahrscheinlich einige gewundert haben, dass die Glocken damals um halb 11 läuteten wie normalerweise um 12 Uhr“, sagt er schmunzelnd. Auch im Podcast wird das Glockengeläut verfügbar sein.
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Pfarrkirche St. Georg mit dem Leichenhaus (Friedhofskapelle) in Prackenbach |
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Fotos: Lisa Brem
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